300 Worte: An das war war

Umhang, anbeten, verhuscht.

Isabelle betrat Bühne. Der Umhang ihres Kostüms raschelte mit ihren Schritten. Sie blickte in leere Zuschauerränge, die im Licht trübe schimmerten. Das Publikum war gegangen. Am Ende einer erfolgreichen Karriere als Theaterschauspielerin erinnerte sie sich an ihr eigenes Stück.

Nach ihrem Abitur besuchte Isabelle eine Schauspielschule. Sie arbeitete hart an sich, besuchte alle Kurse und ging zu zahlreichen Vorsprechen. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Schnell wurde sie für kleinere Rollen engagiert. Bei einem ihrer Auftritte entdeckte sie ein bekannter Produzent und besetzte sie in der Hauptrolle seines Stückes. Ihr gelang der Durchbruch. Isabelle wurde mit Preisen ausgezeichnet und mit Rollenangeboten übersät. Zufällig lernte sie Pierre kennen. Sie hatte nie nach Liebe gesucht. Er war ein talentierter Schauspieler mit einem Hang zur Romantik. Ihre Liebe war stürmisch und zärtlich zugleich. Isabelle hätte nicht glücklicher sein können. Doch Pierre wollte mehr. Er wollte sie heiraten und eine Familie gründen. Sie vertröstete ihn Jahr um Jahr. Eines Tages verließ Pierre sie. Er hinterließ nur ein paar Zeilen: „Isabelle. Du bist zum anbeten schön, klug und liebenswert. Ich liebe dich. Doch Zeit verhuscht und ich lebe jetzt. Irgendwann ist mir zu spät. Ich kann nicht darauf warten, dass du erkennst, was wirklich wichtig ist.“

Isabelle verstand Pierre nicht. Sie verdrängte ihren Schmerz. Stattdessen vergrub sie sich in ihre Arbeit und stürzte sich in Affären. Die Jahre vergingen und ihr Erfolg nahm ab. Jüngere Kolleginnen liefen ihr den Rang ab. Sie erhielt kaum noch Rollenangebote und es gab niemanden an ihrer Seite, der sie wirklich liebte. Sie dachte oft an Pierre und an seine Worte zurück. Jahre später begriff sie, um welches Glück sie sich betrogen hatte. Doch nun war es zu spät.

Das Licht ging aus. Isabelle ging von der Bühne. Allein. Mit nichts als ihrer Erinnerung, an das was war.

Veröffentlicht von Lene

Ich würde mich als emphatische und entspannte Person bezeichnen, die versucht, ihre Erlebnisse in Wort und Schrift darzustellen. Also alles was mein Herz in irgendeiner Art und Weise berührt, verarbeite ich schriftlich. Ich bin kein Meister der Poesie. Manches mag sich holprig anhören, aber so ist mein Schreibstil. Ich bin auch nicht festgelegt auf eine Art von Text, jedenfalls noch nicht. Ich probiere gerne mal aus, dass merkt man auch an meiner Website: Sie ist recht bunt. Ich denke gerne bunt, denn für mich ist es das Leben auch. Mich freut es einfach, wenn der ein oder andere etwas mit meinen Texten anfangen kann oder sich vielleicht sogar darin wiederfindet. Viel Spaß beim Lesen. Und danke für euren Abstecher in meine kleine, bunten Welt. Vielleicht bis bald. 🤗 Lene

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